Freitag, 17. März 2017

Die Deutsche Bahn und der Islam

Die Deutsche Bahn stellt ein Video ins Netz. Es heißt: Toleranzzeit. Ein Appell der Bahn, bei Zug-Verspätungen eine gewisse Zeit Toleranz walten zu lassen? Zwar naheliegend, aber falsch. In Wirklichkeit will die Bahn uns belehren, wie wir uns verhalten sollen.

Das klingt anmaßend - und das ist es auch. Um das besser zu verstehen, nehmen Sie sich bitte zunächst 52 Sekunden Zeit, das Video bei YouTube anzusehen. Das Filmchen lebt von der Annahme, in Deutschland bedürfe es des Hinweises auf Toleranz gegenüber Kopftuch tragenden Musliminnen. Ganz so, als sei das Tragen dieses Symbols des politischen Islams in Deutschland durch Intoleranz erschwert oder gar unmöglich.

Nein, darum geht es natürlich nicht. Das wissen auch die Auftraggeber des Videos. Ihnen geht es um den Islam als Ganzes und dessen Akzeptanz bei Deutschen. Die sollen zum Beispiel Vorbehalte gegen Musliminnen mit Kopftuch ablegen - nicht etwa die Musliminnen ihr Kopftuch. Der Ansatz für die Produktion des Filmchens war: Die Deutschen haben Vorurteile, die man bekämpfen muss. Die Eventualität, dass die Vorurteile einem gesunden Urteilsvermögen entspringen, lag außerhalb des Horizonts der Auftraggeber.

Die Handlung des Videos ist so abwegig wie dessen Ansatz. Ein junger Mann, eine Kopftuch tragende junge Muslimin im Blick, sitzt in einem Großraumwagen der Bahn. Aus dem Off erfahren wir die Gedanken des Mannes: Er sinniert über das Warum des Kopftuches. Dabei formuliert die Off-Stimme Fragen, die man dem gemeinen Deutschen als Vorurteil zuschreibt. Unvermittelt gibt sich der männliche Protagonist als Student zu erkennen, indem er - nun nicht mehr aus dem Off - eine medizinische Prüfungsfrage stellt: Wo liegt nur dieser Nucleus preopticus?

Die junge Muslimin mit dem Kopftuch - Überraschung! - kennt die Antwort. Wohlartikuliert klärt sie die Zuschauer des Videos auf und gibt sich dabei ebenfalls als Medizin-Studentin zu erkennen. Zum "Beweis" für den Zuschauer wird zwei Sekunden lang die Titelseite eines Anatomie-Buches gezeigt. Die Antwort der Muslimin gilt tatsächlich nicht dem fragenden Studenten, sondern dem Betrachter des Videos. Als hätte es eine Antwort der Muslimin nicht gegeben, blickt der Student versonnen aus dem Zug.

An dieser Stelle wird das Video mit einer wirren Behauptung unterbrochen. Zu sehen ist der Text: "Mehr ToleranzZeit. Diese Zeit gehört Dir." Was will der Dichter uns damit sagen? Nun, wir wissen es nicht. - Schnitt. Die beiden Studenten sitzen jetzt plötzlich nebeneinander. Und wieder flackert der pädagogische Vorsatz der Videoproduzenten auf: Die Muslimin erteilt nun dem "Biodeutschen" auf dessen Laptop Nachhilfe. - Schnitt. Logo der DB. Schluss.

Was sollen wir aus diesem Filmchen lernen? Auch Muslime können Medizin studieren? Wer wollte das von Grundsatz her bestreiten. Die Macher wollen suggerieren, die Einwanderung von Muslimen sei unproblematisch. Der Islam sei nur eine Religion wie andere auch. Sie inszenieren dafür ein Idealbild, das den Betrachter in die Irre führen soll. Das Gegenteil beweist aktuell das Ausmaß an Sympathie für die re-islamisierte Türkei, von Türken, die bereits in der zweiten/dritten Generation hier leben.

Warum gibt die Deutsche Bahn für derartige Propaganda Geld aus? Einfache Zugführer oder Zugbegleiter gaben dafür wohl eher nicht den Anstoß. Der Entscheider für das Marketing der Bahn sagt, man wolle Werte wie Gastfreundlichkeit, Modernität und Glaubwürdigkeit transportieren. Die beauftragte Werbeagentur Ogilvy & Mather wird deutlicher. "In Zeiten von zunehmender Intoleranz kann es nur eine Antwort auf Vorurteile und Ausgrenzung geben: Toleranz", sagt ihr sogenannter Client Service Director.

Die Tonlage ist, wie bei diesem Thema üblich, apodiktisch: Begründung fehlt, Widerspruch unerwünscht. Die einfältige Forderung nach Toleranz dürfte aber spätestens seit den Kölner Silvester-Übergriffen ihre vermeintliche Unanfechtbarkeit eingebüßt haben. Nicht so bei der Deutschen Bahn. Mit ihrer plumpen Propaganda à la DDR begibt sie sich aber auf ein kommunikatives Abstellgleis.

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